Für Patienten

Einleitung

Sehr geehrte Patientinnen und Patienten,
sehr geehrte Angehörige,

auf den nachfolgenden Seiten haben wir Informationen zum Hintergrund und Ablauf der RADIANCE Studie zusammengefasst.

Diese Informationen ersetzen selbstverständlich nicht das ärztliche Aufklärungsgespräch.

Sollte Sie weiterführende Fragen zur Studie haben oder einen Vorstellungstermin in einen unserer teilnehmenden Zentren vereinbaren wollen, stehen wir Ihnen selbstverständlich beratend zur Seite.

Studiensekretariat:
Tel.: 069/6301-3742
Tel.: 069/6301-4655

Warum wird diese Prüfung durchgeführt?

Ihr Arzt hat Sie darüber informiert, dass Sie an einer bösartigen Geschwulst des Anus/des Afters (Analkarzinom) erkrankt sind. Der Anus ist die Austrittsöffnung des Enddarmes. Die Behandlung dieses Analkarzinoms im Rahmen dieser Studie erfolgt nach dem gegenwärtig neuesten Stand der Medizin. Eine radikale Operation mit Anlage eines dauerhaften, künstlichen Darmausgangs  (Anus präter) ist nur bei klinischem Nicht-Ansprechen des Tumors auf die Radiochemotherapie oder bei lokalem Wiederauftreten (Rezidiv) notwendig. Während die vollständige Heilung bei frühen Tumorstadien zumeist gelingt (85%-90%), ist ein Nicht-Ansprechen oder ein Rückfall des Tumors bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (also solchen mit einer Tumorgröße > 4 cm und/oder einem begleitenden Lymphknotenbefall), wie bei Ihnen diagnostiziert, bei rund 30-40% der Patienten zu erwarten.

Tumoren haben die Fähigkeit, sich vor dem körpereigenen Immunsystem zu schützen, indem sie ein Signal senden, dass dem Immunsystem vermittelt, dass es sich bei ihnen um normale Körperzellen und nicht um Tumorzellen handelt. Dadurch bremsen Krebszellen die Immunabwehr aus. Durch sogenannte „Immuncheckpoint-Inhibitoren“ (dies sind spezielle Madikamente, die dafür sorgen, dass die von den Tumoren ausgesandten Signale nicht beim Immunsystem ankommen) soll versucht werden, diesen Schutzmechanismus von Tumoren zu durchbrechen, sodass Ihr körpereigenes Immunsystem wieder gegen den Tumor effektiv wirken kann. Medikamente, die auf diese Weise wirken, gehören zur Medikamentengruppe der Immunotherapeutika. Zu diesen Immunotherapeutika gehört auch Durvalumab, zu dem Sie unten mehr Informationen finden.

Bisherige experimentelle Daten aus dem Labor und aus Tierversuchen zeigen, dass die Kombination der Radiotherapie mit Immunotherapeutika die Ausbildung einer körpereigenen Immunantwort fördern und lokale Effekte der Radiotherapie gegen Tumorzellen verstärken kann. In der Vergangenheit wurde bereits mehrfach von synergistischen (d.h. sich gegenseitig verstärkenden) Effekten der Kombination von Strahlentherapie mit Immunotherapeutika bei Tumorpatienten berichtet.

Im Rahmen unserer RADIANCE-Studie soll nun geprüft werden, ob durch die Zugabe des PD-L1 Immunotherapeutikums Durvalumab zur Standard-Radiochemotherapie eine weitere Verbesserung des klinischen Tumor-Ansprechens und der langfristigen Tumorkontrolle erreicht werden kann. Eine solche Kombination aus primärer Radiochemotherapie und Durvalumab konnte bereits bei einer anderen Tumorart, nämlich dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, eine Verbesserung der Tumorkontrollraten bewirken. Für das Analkarzinom ist allerdings noch unklar, ob auch bei dieser Tumorart die Kombination wirksamer ist als die alleinige Standard-Radiochemotherapie.

Übersicht zur Studie

R = Randomisation; RT = Strahlentherapie; Gy = Einheit der Strahlendosis; T = Tag; MMC: Mitomycin C; 5-FU: 5-Fluorouracil; N: Lymphknotenbefall; q4 Wochen = alle 4 Wochen

Ablauf der Studie

Die Therapie des lokal fortgeschrittenen Analkarzinoms besteht aus einer Radiotherapie über 5 1/2 – 6 Wochen mit 28-31 einmal täglichen Bestrahlungen (keine Strahlentherapie an den Wochenenden). Diese wird kombiniert mit einer einmalige intravenöse Gabe des Chemotherapeutikums Mitomycin C (MMC) in der ersten Woche und der intravenösen Gabe von 5-Fluorouracil (5-FU) als 4-tägige Dauerinfusion in der ersten und fünften Woche der Radiotherapie (siehe Abbildung unten). Dies ist der derzeitige Therapie-Standard und dient als Kontrollarm in unserer Studie. Unklar ist, ob die Kombination aus Radiotherapie mit MMC + 5-FU plus Durvalumab effektiver ist als die Standard-Radiochemotherapie mit MMC + 5-FU alleine. Dies wollen wir durch diese Studie herausfinden. Dabei erhalten Patientinnen und Patienten, die die Einschluss- und Ausschlusskriterien unserer Studie erfüllen und ihr Einverständnis zu einer Studienteilnahme geben, entweder die Standard-Radiochemotherapie im Kontrollarm oder eine identische Radiochemotherapie wie im Kontrollarm plus das Immuntherapeutikum Durvalumab über maximal 12 Zyklen im Prüfarm (siehe Abbildung unten).

Nach welchem Arm Sie, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, behandelt werden, entscheidet nicht Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr behandelnder Arzt, sondern dies wird „per Zufall“ (englisch = random) entschieden, d.h. jeder Studienteilnehmer erhält mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit entweder die Standardbehandlung oder die experimentelle Behandlung. Nachdem Sie einem der beiden Studienarme nach dem Zufallsprinzip zugewiesen wurden, wird Ihrem Prüfarzt mitgeteilt, in welchen Studienarm Sie eingeschlossen worden sind. Ihr Prüfarzt wiederum informiert Sie bei Ihrem nächsten Besuch über Ihre Zuteilung. Nur durch ein solches randomisiertes Studiendesign ist es möglich, am Ende der Studie möglichst objektive Ergebnisse zu erhalten.

Studiendauer

Die Behandlungsdauer beträgt in Kontrollarm mit Standard-Radiochemotherapie ca. 6 Wochen. Patientinnen und Patienten, die in den Prüfarm randomisiert werden, erhalten zusätzlich zur Standard-Radiochemotherapie insgesamt 12 intravenöse Antikörpergaben (Durvalumab) alle 4 Wochen (erste Gabe 14 Tage vor Beginn der Radiochemotherapie, zweite Gabe am Tag 15 während der Radiochemotherapie,  danach alle 4 Wochen bis insgesamt maximal 12 Gaben). Die folgende Übersicht stellt die verschiedenen Therapieabschnitte dar, die im Rahmen der Studie geplant sind.

Nachsorge

Die erste Nachsorge findet 6-8 Wochen nach Abschluss der Radiochemotherapie statt. Dabei werden Beschwerden erhoben und es erfolgt eine körperliche Untersuchung. Die für die Beurteilung des Tumoransprechens entscheidende Nachsorge findet ca. 20 Woche nach dem Ende der Radiochemotherapie (entspricht 26 Wochen nach Therapiebeginn) statt. Dabei werden weitere Untersuchungen zur Beurteilung des Therapieansprechens durchgeführt (unter anderem eine Enddarmspiegelung und eine MRT Untersuchung des Beckens). Während der Behandlung dürfen Sie keine Impfungen mit Lebendimpfstoffen erhalten. Bitte besprechen Sie ggf. anstehende Impfungen mit Ihrem Prüfarzt.

Die Nachbeobachtungszeit der klinischen Prüfung erstreckt sich im Rahmen der Studie über 3 Jahre mit regelmäßig vorgesehenen Nachsorge-Visiten. Einen individuellen Plan mit den entsprechenden Zeitintervallen wird Ihr Prüfarzt am Ende der Therapie mit Ihnen besprechen und an Sie aushändigen. Alle Visiten sind für die Beurteilung des Behandlungserfolges sowie für ein frühzeitiges Erkennen von Nebenwirkungen sehr wichtig. Wir bitten Sie daher, diese Termine unbedingt einzuhalten und nur in Ausnahmefällen zu verschieben.